Über ein bahnbrechendes Forschungsergebnis, das zur Entwicklung von Medikamenten führen könnte, wird in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nature Neuroscience berichtet. Jenaer Forscher des Leibniz-Instituts für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI), Dr. Helen Morrison und Dr. med. Alexander Schulz, haben in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Jena und Kollegen in Deutschland, Frankreich, England und den USA einen bis dato unbekannten Mechanismus entdeckt, der die Zerstörung der peripheren Nerven erklärt und auch bei NF2-Patienten nachweisbar ist.

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„Patienten, die an NF2 erkranken, leiden durch die Ausbildung von Tumoren auch an neurologischen Ausfälle, wie zum Beispiel Taubheitsgefühl und Schwäche in den Extremitäten, die auf Schädigungen des peripheren Nervensystems zurückzuführen sind“, berichtet Dr. Morrison, Nachwuchsgruppenleiterin am FLI. Das periphere Nervensystem ist der Teil unseres Nervensystems, der außerhalb des Gehirns und Rückenmarks (zentrales Nervensystem) liegt. Die Kommunikationsbahnen, über die Signale ausgetauscht werden, sind die Nervenzellen (Neuronen). Sie bestehen aus einem Zellkörper mit verschiedenen Fortsätzen: mehreren kurzen Dendriten, die wie Empfangsantennen elektrische Signale von Nachbarzellen aufnehmen und einem meist langen Axon, das wie ein Sendemast die Impulse an andere Zellen weiterleitet.

„Bisher nahm man an, das geschädigte Schwann-Zellen, die die Axone als ein Teil der schützenden Myelinschicht umwickeln, für das Auftreten der neurologischen Schäden verantwortlich sind“, so Morrison weiter. „Diese Zellen haben nicht nur eine stabilisierende und stützende Funktion für die Nervenzelle, sondern bewirken gleichzeitig auch eine elektrische Isolation für schnelle Reizweiterleitung. Darüber hinaus, sind sie die Leitstrukturen für das Auswachsen von Neuronen, also so eine Art Wegweiser zum richtigen Aufbau eines komplexen Nervensystems“.

„Wir konnten mit unseren Studien jedoch belegen, dass für die Nervenschäden nicht unkontrolliertes Wachstum der Schwann-Zellen, sondern geschädigte Axone verantwortlich sind“, erzählt Dr. med. Alexander Schulz, der gerade erst seine Ausbildung zum Mediziner abgeschlossen hat. „Die in ihrer Funktionsfähigkeit gestörten Axone konnten wir nicht nur in unseren Tierstudien nachweisen, sondern auch im Nervengewebe von NF2-Patienten“, berichtet Schulz weiter. „Das könnte auch das Rätsel erklären, warum einige NF2-Patienten unter peripherer Neuropathie leiden, die zu Taubheitsgefühl und Schwäche in den Extremitäten führt, obwohl in diesen Gebieten keine Nerventumore nachweisbar sind“, unterstreicht Schulz seine Ergebnisse. „Damit erweitert sich die Sicht auf Axone als mögliche Targets für die Wirkstoffsuche und Behandlung von Neurofibromatose und anderen Erkrankungen dieser Art.“

„Ich finde es besonders bemerkenswert, das ein junger Wissenschaftler, der gerade erst seine Ausbildung beendet hat und im September 2012 mit dem Young Investigator Award der Children’s Tumor Foundation ausgezeichnet wurde, bereits jetzt solche zukunftsweisenden Ergebnisse für Neurofibromatose Typ 2, aber auch für andere Krankheiten des peripheren Nervensystems, wie zum Beispiel diabetische Neuropathie, gefunden hat“, berichtet Morrison stolz. Die Children’s Tumor Foundation – eine gemeinnützige Stiftung zum Wohl von Neurofibromatose-Erkrankten und ihren Familien – unterstützt das aktuelle Forschungsprojekt am FLI zum Thema “Axonal merlin regulates Schwann cell behavior via neuregulin signalling“ für die nächsten 2 Jahre mit $64,000.

Bahnbrechendes Forschungsergebnis für NF2