Forschungsprojekt:

«Die Gerinnungssituation bei Patienten mit NF2-bedingter Schwannomatose mit und ohne Off-Label Therapie mit Bevacizumab.»

Projektleiterin

PD Dr. med. Isabel Gugel

Department für Neurochirurgie, Zentrum für Neurofibromatosen und Schwannomatosen Universitätsklinikum Tübingen
Hoppe-Seyler-Straße 3, 72076 Tübingen

Fördersumme: 30.000€

Hintergrund

Eine Therapieform der beidseitigen Vestibularisschwannome (Gleichgewichtsnerventumore, führen aufgrund der Nähe zum Hörnerv zu einer Hörminderung/Ertaubung) ist der nicht dafür speziell zugelassene (Off-Label) Antikörper Bevacizumab, auch als Avastin® bekannt (Plotkin et al. J Clin Oncol 2019). Dieser hemmt den sogenannten Vaskulären Endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF), welcher im natürlichen Zustand für die Gefäßausbildung am Tumor zuständig ist. Durch Avastin wird die Gefäßneubildung des Tumors blockiert und somit der Tumor „ausgehungert“. Im Idealfall führt die Therapie zu einer Verzögerung des Hörverlustes und zur Kontrolle des Tumorwachstums (Plotkin et al. J Clin Oncol 2019). Eine etablierte, alternative Chemotherapie/Antikörpertherapie besteht nicht und die Therapie wirkt solange die Gabe erfolgt. Folge dessen wird die Therapie nicht selten mehrere Jahre durchgeführt. An Nebenwirkungen bekannt sind eine Nierenschädigung, Bluthochdruck und auch Blutungsereignisse wie operative Nachblutungen und Schlaganfälle (Plotkin et al. Otol Neurotol 2012). Die Ursachen, die vor allem zu den Blutungsereignissen bzw. der vermehrten Blutungsneigung führt sind unbekannt. Der Hersteller empfiehlt eine perioperative Pause von 4 Wochen vor und nach dem Eingriff um dieses Risiko zu senken. Diese Pause ist sehr kritisch, denn durch die abrupte Wegnahme des Medikamentes kommt es nicht selten zu einem sogenannten „Rebound Effekt“ mit damit verbundenem raschem Wachstum und Hörminderung (Gugel et al. Cancers (Basel) 2019). Für kleinere Eingriffe sollte die Medikation, wenn möglich nicht pausiert werden. Da bei NF2 Patienten häufig aber größere Operationen am Kopf und der Wirbelsäule durchgeführt werden müssen, sind diese Pausen unverzichtbar. Es gibt leider keine Laborparameter und kein Medikamentenspiegel, der eine ausreichende Pause bzw. eine fehlende Blutungsneigung nachweisen kann. Dies wäre wünschenswert, da jeder Patient natürlich individuell ist und die pauschale Maßgabe des Herstellerst mit ca. 4 Wochen vor Operation häufig nicht ausreichen. Was wir beobachten ist ein anhaltender Blutungseffekt bei manchen Patienten über die 4 Wochen Pause hinaus, vor allem bei langjähriger Gabe. Inwieweit der Avastin®-Effekt noch anhält, oder es auch zu langanhaltenden/dauerhaften „Schäden“ nach langjähriger Gabe kommt ist unbekannt. Interessanterweise konnten wir jedoch auch bei Patienten ohne Avastin eine vermehre Blutungsneigung im Rahmen der operativen Eingriffe verglichen zu Patienten ohne NF2 beobachten. Unser Ziel ist es mit der vorliegenden Studie über eine ausführliche Analyse der Blutgerinnung sowohl laborchemisch, als auch klinisch (Messung der Blutungszeit bis es zur Blutgerinnung kommt und über Fragebögen zur Blutungsanamnese) bei NF2 Patienten mit und ohne Avastin durchzuführen um die Versorgung und das Monitoring der Therapie bei diesen Patienten zu verbessern um das Risiko einer möglichen Blutungsneigung besser einzuschätzen und idealerweise überwachen zu können.

Ziel der Studie

  • Evaluation der Gerinnungs-/Blutungssituation bei NF2 Patienten mit und ohne Avastin®
  • Entdeckung möglicher Veränderungen der Laborparameter, die auf eine veränderte Blutgerinnung schließen lassen
  • Untersuchung des Effektes von Avastin bei laufender oder vorangegangener Therapie
  • Vermeidung von unnötigen (längeren) Therapiepausen und idealerweise Detektion eines Medikamentenspiegels
  • Entdeckung von Medikamenten, die z. B. „gegen“ Avastin im Falle einer vermehrten Blutungsneigung dadurch gegeben werden können à somit Vermeidung von intraoperativen Komplikationen
  • Entdeckung von möglichen Genen, die zu einer Veränderung der Blutungssituation bei NF2 Patienten mit und ohne Avastin führen könnten